Jahreslosungsfahnen
2019
Jahreslosungfahne 2019
Und wieder hängt eine neue Fahne an unserem Kirchturm, der die Jahreslosung 2019 ins Bewusstsein von vielen Menschen bringen wird.
Dieses Jahr haben wir zwei junge Künstler gefragt, die Losung in ein Bild umzusetzen.
Wir haben uns entschieden für das Bild eines Heidelberger Studenten, des vielversprechenden jungen Künstlers Emanuel Spiecker, der die Jahreslosung „Suche Frieden und jage ihm nach.“ auf interessante und gekonnte Weise umgesetzt hat.
Auf dem Bild ist halb von hinten ein Junge zu sehen, vielleicht acht oder neun Jahre alt. Barfuß ist er. In abenteuerlicher Weise, so wie Kinder es machen, und gewiss mit viel Mühe, auch verbunden mit manchem Scheitern - man sieht einen umgekippten Stuhl am Boden liegen - hat er Stühle übereinander gestapelt. Geschickt ist er hinaufgeklettert; er ist noch ganz in Bewegung. Ganz oben auf diesem wackeligen Stuhlturm steht er auf einem Bein und schafft es, über eine Mauer zu sehen. Und seine Mühe wird belohnt. Er sieht die hell strahlende Sonne, die auch ihn selbst in ein gleißendes Licht hüllt.
Dieses Licht ist durchaus auch im übertragenen Sinn gemeint: Christus, das Licht unseres Lebens, will gesucht und gefunden werden. Sein Licht will uns umhüllen und froh machen.
„Suche Frieden und jage ihm nach.“
Frieden, Schalom, ist nicht nur die Abwesenheit von Krieg. Schalom meint den allumfassenden Frieden. Er ist nicht einfach verfügbar. Er ist zerbrechlich und wir dürfen ihn nicht als eine Selbstverständlichkeit nehmen, sondern müssen ihn immer wieder, täglich, stündlich, neu suchen, ihm hinterher laufen und versuchen, ihn zu bewahren.
Der Junge auf dem Bild hat den Schalom gefunden; die Mauer verdeckt nicht mehr den Blick auf die Sonne. Er hat die Quelle des Lichtes gefunden. Durch hartnäckiges Suchen und Probieren. Der Junge ist jetzt selbst ganz ins Licht getaucht – und doch ist klar, dass dieser Zustand ein sehr vergänglicher ist. Die Sonne wird bald nicht mehr zu sehen sein, es wird wieder dunkel werden. Vielleicht kippt auch der wackelige Stuhlturm um. Und am nächsten Tag wird der Junge die Stühle wieder stapeln müssen, oder sich einen anderen Weg suchen, um über die Mauer zu sehen und teilzuhaben an den Sonnenstrahlen. Wer weiß, vielleicht machen es ihm andere am nächsten Tag nach, weil sie neugierig sind, was dort oben zu sehen ist.
„Suche Frieden und jage ihm nach.“
Auf jeden Fall wird mit diesem Psalmvers und in dem Bild deutlich, dass es nicht mit Passivität getan ist, sondern wir aktiv werden müssen: suchen, nachjagen. Im Großen wie im Kleinen. Wenn gesagt wird: Da kann man ja sowieso nichts machen“, ist dem entgegen zu setzen: doch. Im Kleinen können wir beginnen. Es macht einen Unterschied, wie wir uns verhalten. Viele Menschen, die im Kleinen etwas anstoßen, bewirken zusammen genommen etwas Großes.
Ganz bewusst ist in diesem Bild auch eine Mauer aufgenommen worden.
Vor 30 Jahren ist in Berlin die Mauer gefallen. Unglaublich, was damals passiert ist. Eine Mauer, die politische Systeme klar voneinander abgegrenzt hat, die Familien getrennt hat, eine Mauer, die viel Leid und auch Tod gebracht hat, eine Mauer die als unüberwindlich galt: plötzlich war sie offen. Durch das beharrliche Aufbegehren von vielen Menschen in der DDR, auch durch viel Gebet, ist damals etwas in Bewegung gekommen.
Wir sind sehr dankbar dafür, dass unser Land heute nicht mehr durch diese Mauer getrennt ist.
Aber an vielen Orten der Welt sieht es anders aus: Als die Berliner Mauer 1989 fiel, gab es noch 16 vergleichbare Mauern und Zäune weltweit. Inzwischen sind etwa 75 Sperranlagen in 45 Ländern weltweit gebaut oder befinden sich im Bau. «Würden heute alle Grenzzäune und -mauern zu einem riesigen Grenzwall aneinandergereiht, wäre er 40 000 Kilometer lang. Er würde einmal rund um die Erde führen», sagt Elisabeth Vallet, die an der Universität Quebec in Kanada erforscht, was an den Grenzen dieser Welt passiert.
Das zeigt uns, wie zerbrechlich, Frieden ist.
Und abgesehen von den sichtbaren Sperrmauern und Grenzzäunen dieser Welt gibt es auch viele Grenzen in unseren Köpfen, die darauf warten, abgerissen zu werden!
„Suche Frieden und jage ihm nach.“
(Reinhild Prautzsch, Pfarrerin im Ehrenamt, Langensteinbach)
Zum Künstler
Emanuel Spiecker – Künstler der Jahreslosungsfahne 2019
Bald wird wieder eine neue Jahreslosungsfahne von unserem Kirchturm herabhängen: „Suche den Frieden und jage ihm nach“.
Dieses Jahr haben wir junge Menschen angesprochen, das Thema künstlerisch umzusetzen, und wir haben drei Entwürfe von zwei jungen Erwachsenen zur Auswahl bekommen. Beide werden die Möglichkeit bekommen, im Januar ihre Werke in einer Ausstellung in unserer Kirche zu präsentieren.
Wir haben uns im Kirchengemeinderat für einen Entwurf von Emanuel Spiecker entschieden.
Geboren wurde Emanuel 1998 in Bielefeld als Jüngster von 4 Brüdern. Musik und Kunst und das Leben in einer Freien Gemeinde prägten sein Leben. Er spielt Klavier und Posaune – dies oft auch im Familienblechbläserensemble. Schon in seiner Kindheit wurde sein künstlerisches Talent in der Bielefelder Musik- und Kunstschule gefördert, wo er an vielen Ausstellungen teilnahm. Bei „Jugend Creativ“ erhielt er mehrere Preise.
Nach seinem Abitur 2017 war er einige Monate lang mit der Jüngerschaftsschule von „Jugend mit einer Mission“ in Asien unterwegs, in einem Programm, das seinen Schwerpunkt in der Kunst hatte.
In diesem Jahr war er mit seinen Werken auf der SCHØN-Konferenz in Augsburg vertreten. (Von dort gibt es auch ein Interview mit ihm: livingforinspiration.com/single-post/2018/06/27/018-Emanuel-Spiecker---Mit-Gott-kreativ-sein)
Im Oktober begann er ein Kunstgeschichtsstudium in Heidelberg und gleichzeitig online eine Bibelschule bei Chrischona. Währenddessen bereitet er sich zusätzlich auf ein Studium für Freie Kunst vor.
Seien wir gespannt auf seine Umsetzung der Jahreslosung: „Suche den Frieden und jage ihm nach.“
(Reinhild Prautzsch)
2020
Jahreslosungsfahne 2020
Auch 2020 hängt wieder eine Fahne an unserem Kirchturm in Langensteinbach und möchte den vorbeilaufenden und vorbeifahrenden Menschen mit der Jahreslosung aus Mk 9,24 einen Denkanstoß geben.
„Ich glaube, hilf meinem Unglauben.“
Junge Erwachsene aus unserer Gemeinde und der Regio haben sich mit dem Text beschäftigt und ihn in einer Gemeinschaftsaktion in zwei Bilder umgesetzt. Ganz herzlichen Dank dafür. Sowohl im Kirchengemeinderat als auch unter den Jugendlichen war es schwierig, sich eindeutig für eines der Bilder zu entscheiden.
Letztendlich fiel die Entscheidung für eine Collage, die einen Schreibtisch aus der Vogelperspektive zeigt; hier ist jemand auf der Suche nach Gott und nach dem Sinn des eigenen Lebens; es sieht so aus, als würde gerade eine Bibelarbeit vorbereitet: Ein bisschen Chaos, Seiten aus der Bibel mit Israel-Landkarten und Bibeltexte, ein Tasse Kaffee, ein (noch nicht angebissenes) Gebäckteilchen; handschriftliche Notizen : „Gott“ - „Wer bist du?“ - „Wie finde ich dich?“ Und dann auf einem großen Zettel in einer schwungvollen Schrift:
„Ich glaube, hilf meinem Unglauben.“
Es ist die Suche von jungen Menschen nach dem Sinn ihres Lebens.
Aber nicht nur der jungen Menschen.
Wir alle sind immer wieder auf der Suche, unser Lebensweg ist immer auch eine Suchbewegung nach dem, was uns trägt und wer uns trägt. Und die biblischen Schriften sind eine reiche Fundgrube. Da lesen wir von Menschen, die - wie wir - auf der Suche nach dem Sinn ihres Lebens sind. Und die Antwort im Glauben an Gott gefunden haben. Und die trotzdem immer wieder am Ringen sind; es nie ganz ergriffen haben.
So geht es uns ja auch: an Gott glauben und an ihn nicht glauben können liegen eng beieinander. Einerseits spüre ich oft Gottes Nähe; dann aber wieder, wenn es darauf ankommt, verliere ich den Boden unter den Füßen und fühle mich allein gelassen und zweifle an Gottes Gegenwart und Hilfe.
Wenn wir uns die Jahreslosung genau ansehen, bemerken wir, dass der Satz nicht nur einfach eine Feststellung ist, dass es Glaube und Unglaube im Leben gibt, sondern dass da ein Mensch in Beziehung zu jemand anderem steht.
Im Bibeltext im Markusevangelium ruft der Vater eines kranken Sohnes Jesus diesen Satz entgegen. „Ich glaube; hilf meinem Unglauben!“ - das ist ein Hilferuf an Gott. Wie ein intensives Gebet. Und Jesus hört ihn und heilt den kranken Sohn.
Auch wir können uns in und mit all unserem Unglauben zu aller Zeit an Gott wenden.
Allein schon die Tatsache, dass wir uns an Gott wenden, um Hilfe zu bekommen, ist Glaube. Denn glauben heißt ja vertrauen. In diesem Fall: Vertrauen darauf, dass Gott uns hört und hilft.
Und der Ruf nach Hilfe schließt dann auch ein, dass wir die Hilfe annehmen - um immer weiter wachsen zu können im Vertrauen und im Glauben an Gott und zu Gott hin.
Das wünsche ich Euch und Ihnen.
Reinhild Prautzsch, Pfarrerin im Ehrenamt, Langensteinbach
Zur Künstlerin
Künstler der Jahreslosungsfahne 2020
„Ich glaube, hilf meinem Unglauben.“ - gar nicht so einfach, diese Jahreslosung für 2020 aus Mk 9,24 in ein Bild umzusetzen.
Am 13.07. haben Jugendliche unserer Gemeinde und Regio im Rahmen des Unity Projektes gemeinsam zwei Vorschläge für die Jahreslosungsfahne 2020 gestaltet. Angeleitet wurden sie durch Anna Rupp.
Im Vorfeld haben sie Ideen dazu gesammelt, es unter anderem in der Open Lounge thematisiert und zwei Konzepte ausgearbeitet. Mit unterschiedlichen Techniken haben sich die Jugendlichen im Malen, Collagieren und Aquarellieren mit der Losung beschäftigt.
Der Kirchengemeinderat hat die Entscheidung, welches der zwei Motive an unserem Kirchturm hängen soll, den Jugendlichen (Open Lounge und Jugendkreis) überlassen.
Wir freuen uns, dass die Jugendlichen sich mit viel Engagement dieses Themas angenommen haben, sich inhaltlich mit der Losung beschäftigt und sie gemeinsam ins Bild gesetzt haben. Beim Gottesdienst zur Jahreslosungsfahne am 19.1.20 werden wir von ihnen selbst einiges, was sie dabei bewegt hat, hören können.
Seien Sie gespannt. (Reinhild Prautzsch)
2021
Jahreslosungsfahne 2021
„Jesus Christus spricht: Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist!“
Diese Jahreslosung für 2021 aus dem Lukasevangelium 6,36 wurde von dem Künstler Jens Wolf in ein Bild für uns umgesetzt.
In sehr klaren Farben und Formen leuchtet es nun vom Kirchturm der Langensteinbacher Kirche; und die im Auto vorbeifahrenden oder zu Fuß vorbeilaufenden Menschen lesen die Jahreslosung.
Wir blicken in einen Raum hinein (links sieht man den Türbalken) und sehen drei Menschen sitzen oder stehen an einem Tisch, der mit einer weißen Tischdecke festlich gedeckt ist: vor jedem Menschen steht ein roter Becher (und einer zusätzlich an der anderen Seite des Tisches), es gibt eine Flasche zum Nachschenken, auf dem Tisch liegen 5 Brote und 2 Fische - noch ist alles unangetastet, das festliche Essen kann gleich beginnen. Und über allem die Sonne, aber halt, sie ist nicht gelb, sondern weiß: Symbol für die grundlegende Gegenwart des lebensspendenden Gottes (auf vielen Bildern von Jens Wolf findet man sie); und darunter ein dezent angedeutetes Kreuz für Christus. Unter der Gegenwart Gottes und dem Kreuz Christi findet diese Begegnung statt.
Auffällig und bewusst gewählt sind die Farben auf unserem Bild: der Mensch auf der linken Seite ist in Rot gekleidet - Rot gilt schon seit alters her als die Farbe des Göttlichen - und stellt Jesus dar. Die beiden Menschen an der anderen Tischseite sind grün gekleidet; Grün ist die Komplementärfarbe zu Rot und gleichzeitig die Farbe der Schöpfung. Die Menschen im Gegenüber zu Jesus, aufeinander bezogen, von ihm eingeladen zu Essen und Gemeinschaft, um Leib und Seele zu stärken.
Etwas eckig sind die Menschen gezeichnet und ohne Arme. So wie man zu Beginn eines Zusammenseins noch etwas kantig, zurückhaltend, reserviert ist, weil Vertrauen erst wachsen muss. Aber das miteinander Essen, die gemeinsamen Gespräche, das Einander-Wahrnehmen wird sie bald auftauen lassen und eine Vertrautheit wird sich einstellen und vielleicht werden ja auch Ideen entwickelt, gemeinsam tätig zu werden und anzupacken, um anderen zu helfen. Insofern steckt in dem Bild, das zuerst wie eine Momentaufnahme wirkt, eine enorme Dynamik und wird damit der Bewegung in dem biblischen Vers gerecht.
Zwei biblische Geschichten sind hier zugrunde gelegt, um Gottes Barmherzigkeit darzustellen. Zum einen die Speisung der 5000 Menschen mit 5 Broten und 2 Fischen (Mt 14; Mk 6; Lk 9; Joh 6); zum anderen deuten die roten Becher (in Verbindung mit dem Brot) auf das Abendmahl hin.
In der Speisung der 5000 Menschen gibt Jesus den Hungernden zu essen; und aus den vorhandenen fünf Broten und zwei Fischen werden ganz viele, so dass es für alle reicht - und sogar noch etwas übrigbleibt. Im Abendmahl gibt Jesus sich selbst und er vergibt den Glaubenden ihre Schuld.
In diese zwei Richtungen der Barmherzigkeit weist auch das Kapitel Lukas 6, dem unser Bibelwort entnommen ist: Geben und ver-geben, großzügiges Schenken und Erlassen von Schuld. Und wer weitere Werke der Barmherzigkeit sucht, findet sie im Matthäusevangelium Kapitel 25.
„Jesus Christus spricht: Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist!“
Da steht nicht der bloße Appell „Seid barmherzig!“ Sondern es heißt: „Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist!“ Ohne diesen Zusammenhang bleiben wir in den Regeln dieser Welt - „Wie du mir, so ich dir.“ - verhaftet. Aber im Glauben eröffnet sich uns noch eine andere Dimension.
Barmherzigkeit, dieses Wort, das so viel umfasst, ist hier von dem Künstler Jens Wolf in der Tischgemeinschaft zum Ausdruck gebracht worden. Barmherzigkeit, an Leib und Seele gestärkt werden, füreinander da sein und einander helfen, beginnt im ganz Alltäglichen. Und so wie Brote und Fische in der biblischen Geschichte für ganz viele Menschen gereicht hat, so können auch wir darauf vertrauen, dass Gottes Barmherzigkeit, die wir erfahren und weitergegeben, sich vervielfältigt.
Der katholische Bischof Franz Kamphaus hat es auf den Punkt gebracht mit dem Satz: „Mach‘s wie Gott - werde Mensch!“
Besonders in dieser unserer durch die Coronakrise gezeichneten Zeit erleben wir ganz stark die Sehnsucht nach dem Abendmahl und nach Gemeinschaft und wie wohltuend es ist, miteinander an einem Tisch zu sitzen: Essen, Trinken und Gespräche miteinander zu teilen, einander mitzuteilen, einander zu verstehen, nicht nur vor einem Bildschirm sitzend, sondern ganz nah, zum Anfassen nah.
Und - auch ich bin eingeladen in diese Gemeinschaft; die Tür ist offen und ein Becher steht schon am vorderen Eck des Tisches für mich bereit. Für mich und für dich.
„Jesus Christus spricht: Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist!“
(Reinhild Prautzsch, Pfarrerin im Ehrenamt, Langensteinbach)
Zum Künstler
Künstler der Jahreslosungsfahne 2021: Jens Wolf
Klare Formen, klare Farben – so ist das Bibelwort aus Lukas 6,36: Jesus Christus spricht: „Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist!“ umgesetzt worden von Jens Wolf.
Jens Wolf, Jahrgang 1949, 15 Jahre tätig als Lehrer, hat lange mit seiner Familie in der Kommunität der Jesusbruderschaft in Gnadental und im Kloster Volkenroda gelebt. Nun hat er seinen Wohnsitz und sein Atelier in Ahnatal-Weimar bei Kassel.
Lassen wir ihn selbst zu Wort kommen (aus seiner homepage):
„Warum malst du? Das werde ich immer wieder gefragt.
Ich habe immer gemalt - schon als kleines Kind. Irgendwann habe ich begonnen, Bilder von Künstlern bewusst zu betrachten und … auch bewusst zu malen. Weil ich malen musste.
Vielleicht hängt dies damit zusammen, dass ich gerne lebe. Und dass ich schon früh erfahren habe, echtes Leben hat immer mit Spannungen zu tun. Spannung zwischen Geburt und Tod, Tag und Nacht, Hell und Dunkel. Spannungen zwischen Erfolg und Scheitern, Glück und Trauer, Humor und Ernst. Unser gesamtes Leben ist ausgespannt zwischen einem Beginn und einem Ende. Es ist ein Weg zwischen einem Aufbruch - wo wir nicht mehr sind - und einem Ankommen - wo wir noch nicht sind.
… Wir alle sind auf dem Weg zwischen Aufbruch und Ankunft - oft mit anderen zusammen, manchmal auch alleine. Ich glaube fest daran, dass wir einmal ankommen werden, wo wir unsere Heimat finden. Deshalb muss ich bis dahin malen - hoffentlich noch viele Bilder.“
Und wie schön: Ein Bild hat er für uns gemalt und es wird uns durch das nächste Jahr begleiten.
Wer mehr erfahren will, kann auf der homepage von Jens Wolf (http://www.atelier-jens-wolf.de) einen Eindruck von seinem Schaffen bekommen.
(Reinhild Prautzsch)
2022
Jahreslosungsfahne 2022
Abgewiesen-Werden! Diese Erfahrung haben wir im vergangenen Jahr des Öfteren gemacht: Ein Besuch im Krankenhaus oder Pflegeheim bei Verwandten oder Freunden war nicht möglich. Eine OP ist verschoben worden, weil im Krankenhaus nicht genügend Pflegekapazitäten waren; Geschäfte, Restaurants waren geschlossen oder nach den geltenden Regeln nicht zugänglich; kulturelle Veranstaltungen mussten abgesagt werden; in Freundschaften oder Familien schlossen sich plötzlich Türen, weil man in den Fragen des Umgangs mit der Pandemie unterschiedlicher Meinung war….
Das alles ist schmerzlich, das bringt unser Leben durcheinander, das macht uns auch oft mutlos und nimmt uns ein Stück Lebensfreude.
Mitten hinein in diese Situation hören wir - und sehen wir am Kirchturm unserer Evangelischen Ludwigskirche in Langensteinbach - den Satz aus dem Matthäusevangelium:
Jesus Christus spricht: „Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen.“ (Mt 6, 37)
Das ist ein Satz, der Mut machen will. Da werden wir nicht abgewiesen. Da öffnet sich eine Tür, Jesu Herzenstür ist offen, bei ihm bin ich willkommen.
Obwohl - ich könnte mir eine einladendere Jahreslosung vorstellen. Etwa zwei Verse vorher: Jesus spricht: „Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern; und wer an mich glaubt, der wird nimmermehr dürsten.“ Oder: „Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken.“ (Mt 11,28)
In der Jahreslosung heißt es lediglich: „ich will euch nicht abweisen“ oder drastischer in der Lutherübersetzung: „ich will euch nicht hinausstoßen“. Aber auch wenn die Jahreslosung nicht so einladend formuliert ist, sie garantiert uns ein Eintritts- und Bleiberecht. Dabei spielt es keine Rolle mit welchen Anliegen wir zu Jesus kommen. Seine Tür steht offen, sein Wort gilt: „Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen.“ (Mt 6, 37)
Luise Helm, Pfarrerin in Bad Schönborn, hat diese Jahreslosung für uns in ein Bild umgesetzt. Und unser Kirchturm eignet sich ganz besonders für dieses Bild, das Himmel und Erde verbinden will und das in die Höhe strebt.
Eine Straße führt hinauf von der Erde in den Himmel. Fußspuren neben dem Weg, teilweise auch ein wenig darauf. Ein Lebensweg, auf dem, oder neben dem wir gehen? Nun ja, für einen Lebensweg ist er ziemlich gerade. Wo sind die krummen Wege, die Irrwege, die Sackgassen? Aber dieser Weg ist als ein Kreuz gezeichnet, will heißen: unser Weg geht entlang des Weges, den Jesus gegangen ist, er lässt uns teilhaben, er nimmt uns mit auf seinem Weg.
Und warum sind auf der rechten Seite zwei Fische und fünf Kreise zu sehen? Zunächst einmal, diese Kreise bedeuten Brote, Fladenbrote, so wie sie im Orient gegessen werden. Und die zwei Fische und fünf Brote weisen auf den Zusammenhang, in dem unsere Jahreslosung zu finden ist: Die Speisung der 5000 Menschen: Da kommt nach einem langen Tag Hunger auf und die vielen Menschen brauchen etwas zu essen, Ein Kind kommt zu den Jüngern und bietet zwei Fische und fünf Brote an. Und Jesus weist dieses Kind nicht ab; er nimmt das Vertrauen des Kindes, das seine Brote bringt in der Gewissheit, das reiche für die vielen Menschen, ernst. Jesus dankt Gott dafür, er lässt die Fische und das Brot unter den Menschen verteilen – und es reicht – und es wird berichtet, dass am Schluss sogar noch 12 Körbe übrig gebliebenes Brot eingesammelt wird. Und später, als die Menschenmenge Jesus nachfolgt, sagt er ihnen diesen elementaren Satz: „Ich bin das Brot des Lebens!“
Auf unserem Lebensweg will Jesus uns also satt machen, satt an Körper und Seele. Jesus teilt mit uns Brot und Fische, er teilt mit uns sein Leben und sein Sterben, er macht uns satt hier im Leben auf der Erde und dereinst in der himmlischen Wirklichkeit.
Zwei gegensätzliche Bewegungen sind in dem Bild zu sehen: die Schrift ist bewusst zweigeteilt: „Christus spricht: Wer zu mir kommt,“ steht ganz oben; und vielleicht erfasse ich, wenn ich mit dem Auto an der Fahne vorbeifahre, nur diesen ersten Teil und frage mich, was das heißen soll. Und dann beim nächsten Mal nehme ich ganz unten den zweiten Teil wahr: „den werde ich nicht abweisen.“ Im Gegensatz zu dieser Bewegung der Schrift von oben nach unten, gehen die Füße auf der Straße von unten nach oben, von der Erde zum Himmel.
Mag sein, dass ich beim Vorbeifahren nur den unteren Teil der Schrift wahrnehme: „den werde ich nicht abweisen.“ Und vielleicht wird das zum Motto, das mich den Tag über begleitet und mein Handeln anderen Menschen gegenüber bestimmt. So kann Jesu Einladung an uns weiterwirken durch uns in unsere Welt hinein.
(Reinhild Prautzsch, Pfarrerin im Ehrenamt, Langensteinbach)
Zur Künstlerin
Künstlerin der Jahreslosung 2022: Luise Helm
"Jesus Christus spricht: Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen“ - dieser Satz aus dem Johannesevangelium 6,37 wird uns durch das neue Jahr 2022 begleiten.
Und ja, es soll auch wieder eine Fahne zur Jahreslosung an unserem Turm hängen.
Wir haben Pfarrerin Luise Helm aus Bad Schönborn dafür gewinnen können. Neben Ihrem Pfarrberuf ist sie freischaffende Künstlerin und auch Bezirksbeauftragte für Kunst und Kirche im Kirchenbezirk Bretten-Bruchsal.
Ihre Werke sind im öffentlichen Raum sowie bei Themenausstellungen zu sehen. Ihr Atelier öffnet sie
jeden Freitag, einen Raum, in dem die Seele Atem holen kann und in dem sich jeder und jede unter Anleitung ausprobieren kann.
Luise Helm geht ganz unterschiedlich in ihrem künstlerischen Arbeiten vor. Sie malt, sie verwendet Druckverfahren, stellt Collagen her und schafft Installationen Sie setzt ganz unterschiedliche Themen künstlerisch um („NaturRäume“, „LebensRäume“, „Heilige Räume“).
Einen Eindruck von ihrem Schaffen kann man unter www.luise-helm.net bekommen.
Während ich dieses schreibe, ist das Bild noch im Entstehen, und wir können alle gespannt sein.
(Reinhild Prautzsch)
2023